Die Kuhpäpstin

Wer in die Zukunft der Landwirtschaft reisen möchte, muss auf eine Weide, kurz vor Polen. Auf dem Hof „Stolze Kuh“ im Odertal haben Anja Hradetzky und ihr Mann Janusz einen Mutter- und Milchkuh-Betrieb aufgebaut, der Naturschutz, ökologischen Landbau und eine wesensgemäße Tierhaltung verbindet. Als gelernte „Kuhflüsterin“ weiß Anja Hradetzky, was das Wesen des Rindviehs ausmacht und gibt dieses Wissen in Seminaren und bei gemeinsamen Streifzügen über die Weiden weiter. Wir gehen mit.

Leicht hat es die Landwirtschaft der Zukunft offenbar nicht, denn Anja Hradetzky ist sauer. Auf dem letzten Demeter-Verbandstreffen hat sie erfahren, dass neue Großbetriebe in den Verband aufgenommen werden und sich zukünftig mit dem strengen Bio-Siegel schmücken dürfen. Betriebe, die in den Augen der jungen Landwirtin viel zu viele Tiere haben, um sie noch wesensgemäß halten zu können, nämlich grasend auf der Weide. Für sie ist es deshalb ein Schritt in die falsche Richtung. Auch die Bundesregierung will als Teil ihres Klimaschutzprogrammes den Ökolandbau bis 2030 ausbauen – und den Anteil der ökologisch bewirtschafteten Fläche von derzeit knapp 10 auf 20 Prozent heben. Was alles unter Ökolandbau fällt, ist allerdings ein weites Feld. Anja Hradetzky und ihr Mann praktizieren seit 2014 die auf den ersten Blick vielleicht radikalste Form. Für die Eltern von zwei Kindern ist es aber der einzig vertretbare Weg, wenn Milch und Fleisch weiter auf unseren Tellern landen sollen.

Um zu erfahren, wie dieser Weg aussieht, treffen wir Anja Hradetzky auf ihrem Hof „Stolze Kuh“ im 300-Seelen-Ort Stolzenhagen am Rande der Uckermark. Es ist mit über 36 Grad eines der heißesten Wochenenden in Brandenburg. Die stolzen Kühe sind träge und haben sich unter den kühlen Schutz der Bäume zurückgezogen. Bei solchen Temperaturen auch einen Gang runter zu schalten, ist für die 34-jährige Landwirtin nicht drin. Sie hat wie jeden Tag ein straffes Programm: Melken, Zäune ziehen, Bauernmarkt, Vertriebstouren, Büroarbeit, Weideführung, Mittagessen für ihre 4- und 7-jährigen Kinder kochen. Zeit für unsere Fragen nimmt sie sich trotzdem.

Wir brauchen eine Landwirtschaft ohne Verschwendung.

Anja, du bist einer von drei Menschen in Deutschland, die eine besonders stressarme Kommunikation mit Kühen praktizieren: das Low Stress Stockmanship. Du wirst deshalb auch oft als Kuhflüsterin bezeichnet. Eine passende Beschreibung?

Anja Hradetzky: Der Begriff Kuhflüsterin kam von den Medien. Aber er gefällt mir. Ich flüstere zwar nicht wirklich, sondern kommuniziere durch mein Laufen, meine Geschwindigkeit und durch den Winkel, in dem ich zu den Kühen stehe. Aber es ist eine ziemlich ruhige Angelegenheit. Wer nicht geübt ist und nicht weiß, wie sonst auf dem Feld geprügelt und geschrien wird, für den sieht es wahrscheinlich sehr unspektakulär aus. Aber gerade wenn es beispielsweise darum geht, ängstliche Kühe auf einen Transporter oder in den Melkstand zu bekommen, dann praktiziere ich schon einen sehr anderen Umgang mit den Kühen als leider sonst üblich.

Nicht nur deine Kommunikation mit Kühen ist besonders, deine Kühe leben und sterben auch anders.

Alle unsere Kühe – auch Bullen und Kälber – sind das ganze Jahr gemeinsam über auf der Weide, auch im Winter. Da wir alte robuste Rassen haben, halten sie das gut aus. Dank unseres mobilen Melkstands können wir sie auch auf der Weide melken. Unsere Kühe fressen ausschließlich Gras und was sie sonst so an Kräutern finden. Deshalb sieht übrigens auch der Käse unserer Käserei immer wieder anders aus. Für die Wintermonate ohne Aufwuchs fressen sie Klee- und Luzerne-Heu, das wir selbst machen. Für uns ist außerdem selbstverständlich, dass wir den Kühen ihre Hörner lassen, da diese ihren Wärmehaushalt regulieren. Kurz: Wir versuchen, sie so wesensgemäß wie möglich in ihrem natürlichen Habitat leben – und sterben zu lassen. Seit einiger Zeit dürfen wir unsere Tiere durch den Kugelschuss auf der Weide töten, das ist die stressärmste Form der Tötung, die möglich ist.

Eine Besonderheit eures Hofes ist die kuhgebundene Kälberaufzucht. Was heißt das?

Statt die Kälber wie üblich von der Mutterkuh zu trennen, lassen wir sie mindestens eine Woche bei der Mutter trinken. Danach gewöhnen wir jeweils zwei Kälber an eine Kuh: Das heißt, eine Kuh begleitet weiterhin ihr eigenes Kalb und ‚adoptiert‘ das Kalb einer anderen. Die andere Kuh kann ihr Kalb weiterhin besuchen und sicher gehen, dass es gut versorgt ist. Das funktioniert sehr gut, auch weil es in der Herde Kühe gibt, die mehr Lust auf die Mutterrolle haben als andere. Das ist wie bei uns Menschen (lacht).

Für euch bedeutet diese Form der Kälberaufzucht aber weniger Milch. Warum hast du dich trotzdem dafür entschieden?

Ein Kalb braucht eine Mutter. Auch das ist wie bei uns Menschen. Es stimmt, für uns heißt das, nur jede zweite Kuh melken zu können, bis die Kälber alt genug sind. Aber die für einen Milchkuhbetrieb gängige Praxis, die Kälber gleich nach der Geburt aus einem Nuckeleimer trinken zu lassen, alleine im Stall ohne Bezugstier, ist einfach nicht wesensgemäß. Außerdem stärkt das Trinken am Euter das natürliche Immunsystem der Kälber und macht sie resistenter gegen Krankheiten. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Kälber so direkt in die Herde integriert werden und von der Kuh soziale Verhaltensweisen lernen: Schau, dort gibt es Wasser; Vorsicht, da ist Strom; Das ist Anja, die will irgendwas von uns; Zäune sind Grenzen. Das wiederum erleichtert meine Arbeit mit der Herde enorm. 

Ihr seid nicht nur ein Milchkuhbetrieb, sondern verwertet auch das Fleisch der Rinder, obwohl diese Form der Zweitnutzung nicht weit verbreitet ist …

Erst hatte ich immer nur an Fleischverarbeitung gedacht. Dann fand ich es aber schade, die Rinder nur zu halten, um die Kälber zu verwursten, wenn man die Kühe doch auch melken kann. Wir halten deshalb alte Zweinutzungsrassen, bei denen beides kombiniert geht. Auch mit dem Vorteil, dass wir die männlichen Kälber der Milchkühe nicht loswerden müssen – was leider oft gängige Praxis ist. Im schlimmsten Fall werden sie nach der Geburt getötet, da sie für die Milchkuhbetriebe wirtschaftlich wertlos sind.

Wie Anja Hradetzkys Kuhhaltung konkret aussieht, zeigt sie am nächsten Morgen, früh um 7 Uhr. Mit dem PickUp geht es in den Nationalpark Unteres Odertal. Hier haben die Hradetzkys 110 Hektar Weidefläche gepachtet. An der Weide angekommen, sind wir noch etwa eine halbe Stunde unterwegs, um die Kühe für die morgendliche Melkroutine abzuholen. Anja Hradetzky läuft schließlich mal rechts, mal links von den Tieren und spricht ruhig mit ihnen. Laut wird sie nie. Dass jeder Schritt wohl durchdacht ist, merkt man erst, wenn man den eingespielten Ablauf zwischen Herde und ihr stört, weil man selbst im falschen Winkel zur Kuh steht und das Tier sich plötzlich nicht mehr von der Stelle bewegt.

Insgesamt haben die Hradetzkys 170 Rinder. Etwa 25 von ihnen melkt Anja Hradetzky an diesem Morgen, jeweils sechs stehen zur gleichen Zeit im offenen Weidemelkstand. Obwohl die studierte Landbäuerin ohne Eile ist, geht es zügig voran, schließlich stehen die Tiere friedlich Schlange, bis sie an der Reihe sind. Die Rinder, Ammenkühe, Kälber und Bullen haben sich derweil schon wieder unter die schattigen Bäume gedrängt und schauen dem Treiben entspannt zu. Ein Paar fällt besonders auf. Es sind der Bulle Hauke und die gerade rindernde (Kuhsprech für läufige) Florentine. Morgen wird er sie wohl befruchten, erklärt Anja Hradetzky, heute gewöhnen sie sich schon mal aneinander, quasi ein kleines Vorspiel. Von künstlicher Besamung oder der separaten Haltung der Bullen, die dann nur zum Decken der Kühe herausgelassen werden, hält sie nichts. Dass die Bullen bei solch einer Haltung irgendwann aggressiv werden und damit ihren schlechten Ruf bestätigen, sei kein Wunder. 

Mit knapp 280 Liter Milch ist das Melkfass auf der Ladefläche des PickUps schließlich befüllt, und es geht zurück zum Hof. Dort findet so wie jeden Samstag der Bauernmarkt statt, den Anja Hradetzky für eine bessere Direktvermarktung ins Leben gerufen hat. GemüsebäuerInnen und ImkerInnen aus der Region verkaufen hier ihre Produkte, auch Anja Hradetzky steht hinter der Käsetheke. Der Markt wird gut angenommen. Vor allem junge Familien aus der Region und WochenendpendlerInnen aus Berlin kommen vorbei. Es ist neben der Belieferung vieler DirektkundInnen, einiger Bioläden und dem Verkauf über viele Marktschwärmereien in Berlin die einzige ganz nahe Vertriebsmöglichkeit für ihre Produkte.

Als Kuhflüsterin bist du in Deutschland ziemlich einzigartig. Aber es gibt immer mehr junge Bäuerinnen und Bauern, die auf eine nachhaltigere Landwirtschaft setzen. Du und dein Mann habt das ‚Bündnis Junge Landwirtschaft‘ mitgegründet. Wächst da gerade eine neue Generation an LandwirtInnen heran?

Ich hoffe es. Aber es ist sauschwer. Allein von den Oder-Jungbäuerinnen und -bauern aus unserer Region sind von anfangs 30 Mitgliedsbetrieben vielleicht nur noch eine Handvoll dabei. Es ist einfach zu schwierig, als Betrieb zu überleben, finanziell lohnt sich bäuerliche Landwirtschaft einfach nicht in Konkurrenz zur Industrie. Es ist viel einfacher, irgendwo anders mehr Geld mit besseren Arbeitszeiten zu verdienen. Und Großbetriebe werden durch die aktuellen Förderstrukturen viel mehr unterstützt. Wenn Landwirtschaft wie am Fließband funktioniert, ist das natürlich viel einfacher und kostengünstiger, als wenn man individuell auf die Tiere eingeht.

Wenn das finanziell schwierig ist, wie schafft ihr es zu überleben?

Ökonomischer im herkömmlichen Sinne sind die Großbetriebe, darüber brauchen wir gar nicht diskutieren. Meine Kühe geben auch weniger Milch. Ich müsste sofort schließen, wenn ich nur die Zahlen betrachte. Aber ich denke ganzheitlich: Was bedeutet es für die Kuh, wenn sie in Herden mit bis zu 250 Kühen lebt? Wenn sie den ganzen Tag den Lüfter statt Vogelgezwitscher hört? Wenn sie direkt nach der Geburt von der Mutter getrennt wird? Und weil ich das auch den Menschen kommuniziere und erkläre, warum unsere Milch, unser Käse und unser Fleisch teurer sind, kann ich meine Produkte trotzdem verkaufen und davon leben. Die Frage ist doch: Wie wollen wir mit unseren Mitgeschöpfen umgehen? Welches Leben gönnen wir ihnen?

Könnt ihr diesen Themen gemeinsam mit dem ‚Bündnis Junge Landwirtschaft‘ eine größere Lobby verschaffen? 

Wir sind schon sehr aktiv und werden auch viel von der Presse angefragt. Politisch fallen wir aber kaum ins Gewicht. Speziell zum Thema kuhgebundene Kälberaufzucht haben wir noch die Interessensgemeinschaft ‚Kuh und Kalb – Zeit zu zweit‘ mitgegründet. Mit diesem neuen Label wollen wir mehr Transparenz für die KonsumentInnen schaffen. Aber auch für mich persönlich sind solche Netzwerke extrem wichtig zur eigenen Motivation, für den Austausch mit Gleichgesinnten und Unterstützung in schwierigen Situationen.

Welche schwierigen Situationen meinst du?

Das ,Bündnis Junge Landwirtschaft‘ hat zum Beispiel eine Flächenplattform gegründet, die EigentümerInnen von Flächen mit JunglandwirtInnen zusammenbringt. Geeignetes und bezahlbares Land zu finden ist sehr schwierig. Und wenn es sich jetzt sogar lohnt, Flächen mit Photovoltaik zuzupflastern, weil der Hektar 2.000 Euro Pacht bringt und damit mehr Geld als je durch Bewirtschaftung für Lebensmittel möglich ist, gestaltet sich für JunglandwirtInnen der Einstieg immer schwieriger. Doch auch wenn diese Schwelle genommen ist, gibt es im kleinbäuerlichen Alltag immer neue Hürden, die einem das Leben schwer machen.

Welche sind das?

Ein großes Problem ist zum Beispiel die Bürokratie. Von meinem Zehn-bis-Zwölf-Stunden Arbeitstag entfallen bestimmt sieben Stunden aufs Büro, zwei Stunden aufs Melken und eine Stunde auf Orga-Kram. Allein der jährliche Agrar-Antrag für die Subventionen ist so kompliziert, dass ich trotz meines Studiums fast nicht durchsteige. Das ist alles Zeit, die mir fürs Melken oder Zäunen fehlt. Wer 2.000 Hektar Ackerbau mit nur drei Kulturen bestellt, für den ist es einfacher – aber für vielfältigere Betriebe mit zehn Kulturen auf 100 Hektar Land ist es richtig kompliziert. Und manchmal wird es auch einfach nur absurd.

Inwiefern?

Die Hygienevorschrift für Melkstände sieht vor, die gefliesten Wände regelmäßig zu reinigen. Wenn es aber wie bei meinem offenen Weidemelkstand keine Fliesen gibt, wird es kompliziert und erklärungsintensiv. Oder der Kugelschuss auf der Weide: Ich muss für jedes Tier die Genehmigung aufs Neue beantragen. Es wäre viel einfacher, 30 Tiere auf einen Lkw zu verladen und quer durch Europa zum Schlachthof zu schicken – ohne Kontrollen! Das ist total verrückt.

Du sorgst dafür, dass deine Tiere ein gutes Leben haben. Wie sieht es mit der eigenen Work-Family-Balance aus?

Es ist schon sehr viel Arbeit und wir machen vieles selbst. Unsere Kinder sind oft mit dabei, wir haben aber auch ganz klare Familienzeiten. Trotzdem passiert in der Landwirtschaft natürlich auch Unvorhergesehenes: Gerade erst heute Morgen, an einem Tag mit 35 Grad, mussten wir Bullen einfangen, deren Zaun wahrscheinlich von Wild eingerissen wurde – zwei Stunden lang. Da klebt die Zunge am Gaumen. So etwas wird halt einfach keiner mehr machen für ein bisschen mehr als Mindestlohn. Und ich würde lügen, wenn diese Rahmenbedingungen und auch die Entwicklung hin zu immer mehr Großbetrieben auch im Bio-Bereich nicht auch bei mir Zweifel nähren. Dennoch: Aufhören, mich für eine bessere Landwirtschaft und einen achtsameren Umgang mit Tier und Natur einzusetzen, kommt nicht in Frage.

Unser gemeinsamer Streifzug endet mit einem öffentlichen Weidebesuch, zu dem Anja Hradetzky Interessierte einmal im Monat einlädt. Treffpunkt ist eine Brücke am Kanal. Einige Minuten bleiben ihr, bevor es losgeht. Die nutzt sie kurzerhand, um sich durch einen Sprung ins kühle Wasser eine Abkühlung zu gönnen. Mit nassen Haaren begrüßt sie im Anschluss knapp 20 Interessierte: Leute aus der Region, Urlaubsgäste, ein alter Studienkollege aus Berlin. Viele Kinder sind dabei. Anja Hradetzky erzählt Anekdoten von ihren Rindern, erklärt aber auch den jungen ZuhörerInnen ohne Umschweife, wie die Schlachtung der Tiere funktioniert. Sie ist in ihrem Element, belehrt nicht, erzählt einfach, wie es ist und steckt auch ihre Zuhörerschaft mit ihrer Begeisterung für einen ganzheitlichen Blick auf Landwirtschaft an.

Bist du trotz aller Herausforderungen überzeugt, dass der Ökolandbau die Landwirtschaft der Zukunft ist?

Wenn ich sehe, wie die Böden heruntergewirtschaftet werden und gar nichts mehr darin lebt, dann ist eigentlich nur unsere Landwirtschaft zukunftsweisend. Oder nehmen wir die Hochleistungszucht: Die bringt zum Beispiel Kühe mit immer größeren Eutern hervor mit dem Ergebnis, dass das Melkgeschirr nicht mehr an den kurzen Zitzen hält. Dann muss erst eine alte Rasse, die wir Idealisten erhalten, eingekreuzt werden, um wieder längere Zitzen hervorzubringen. Unsere Landwirtschaft geht nachhaltiger mit ihren Ressourcen um. Manche sagen deshalb: Wir werden uns Bio ernähren oder gar nicht. Wirklich zukunftsfähig ist sie aber nur ohne die Konkurrenz der Billig-ProduzentInnen, die auf Kosten der Tiere, Menschen und des Ökosystems wirtschaften. 

Zur Zukunftsfähigkeit gehört auch, sich für den Klimawandel zu wappnen. Sind nachhaltige Betriebe wie eure da besser aufgestellt?

Unsere Rinder sind super an unseren Standort angepasst. Die halten auch mal zwei trockene Jahre aus. Sie geben dann zwar ein bisschen weniger Milch, aber sterben nicht gleich davon. Es ist mir super wichtig, resilient zu wirtschaften. Das hat sich auch während der Corona-Pandemie bewährt, als Futtermittel knapp wurden, schließlich wächst unser Futter auf der Weide und ist nicht von globalen Lieferströmen abhängig. Gerne würden wir auch noch mehr regenerative Landwirtschaft betreiben, und auf unserer Weidefläche mehr Bäume zum CO2-Ausgleich pflanzen. Agroforst nennt man das. Auf der von uns gepachteten Fläche ist uns das aber leider nicht erlaubt.

Wie stehst du zu Vorschlägen, dass sich auch der Ökolandbau gegenüber bestimmten Gen-Techniken und der Digitalisierung öffnen muss, um die Erträge effizienter zu gestalten?

Eine stärkere Digitalisierung zum Beispiel zur Erleichterung der Bürokratie? Ja, gerne! Aber Viehhaltung mit künstlicher Intelligenz? Ich glaube, dass es schwierig ist, wenn Tiere nur noch von Maschinen bedient werden. Es sind Lebewesen! Grundsätzlich glaube ich, wir sollten Landwirtschaft so natürlich halten und so wenig ins System Natur eingreifen wie möglich. Mein Vorschlag für mehr Effizienz: eine Landwirtschaft ohne Verschwendung. Ein Drittel der in Deutschland gehaltenen Schweine landen am Ende im Müll. Wenn wir mit solchen Skurrilitäten aufhören, brauchen wir keine Gen-Technik.

Vieles, was du ansprichst, ruft nach politischen Lösungen. Was kann der Einzelne tun?

Vote with your fork! Das macht den Unterschied. Mit jeder Kaufentscheidung sagt man: Bitte mach mehr davon! Und es wird einfach mehr davon gemacht, egal in welche Richtung.

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