Am Donnerstag, den 24.9.2020 waren wir mit der Landinventur zu Gast in der Heimvolkshochschule am Seddiner See, eingeladen vom Forum ländlicher Raum in der Veranstaltungsreihe DorfDialog „Fahrplan fürs digitale Dorf: Digitale Tools für die Dorfentwicklung“ Die intensive und angeregte Diskussion mit 10 Gästen, darunter auch Grit Körmer, die mit der Dorfbewegung Brandenburg unsere regionale Partnerin ist, hat uns vor Augen geführt, wie herausfordernd die Gestaltung und Entwicklung von Dörfern unter den heutigen Bedingungen ist. Die engagierten Ortsvorsteher*innen und Bürger*innen kämpfen nicht selten um das Gehör und die Wahrnehmung in der Gemeinde, erst recht wenn sie in eine Stadt eingemeindet wurden. Sie haben kaum Spielraum eine eigenständige Dorfentwicklung voran zu bringen und dabei nicht nur kein Geld, sondern dazu noch eine Menge bürokratischer Hürden zu meistern. Gleichzeitig ist auch die Trendwende im ländlichen Raum in Brandenburg ganz deutlich zu spüren: es gibt überall Zuzug und Nachfrage nach Immobilien und Baugrundstücken. In den Dörfern gibt es die Besorgnis, wie man mit dem ganzen Zuzug noch „Dorf“ bleiben kann und gleichzeitig die Neuzugezogenen gut integriert und zeigt, was es schon alles gibt.
Diese Prozesse kann die Landinventur auf mehreren Ebenen unterstützen
- durch das gemeinsame Kartieren können (alte und neue) Bewohner*innen zusammengebracht und für die lokalen Potenziale sensibilisiert werden
- die Daten sind die Grundlage für eine Analyse und Diskussion der lokalen Stärken, Herausforderungen und Potenziale, auf deren Grundlage neue Ideen und Projekte entstehen können und der Standpunkt innerhalb der Gemeinde gestärkt (und mit Daten belegt) werden kann
- die entstandene Karte des Dorfes, sowie die Kartei der Vereine lässt sich bspw. mit der Dorf- oder Gemeindewebseite verlinken, um auf einen Blick zu zeigen, was es im Dorf bereits alles gibt
Diesen Mehrwert noch deutlicher heraus zu stellen und neue (analoge) Materialien für das gemeinsame Arbeiten in den Dörfern zu entwickeln, nehmen wir als Arbeitsaufgabe mit.
Ebenso gab es eine lange Diskussion, die ein zentrales Thema betrifft: Open Data/Open Science. Wie offen und sichtbar sollten die Daten sein? Das Mindset in der Forschung und Gesellschaft geht heute in Richtung offener Daten, um den Mehrwert für die Gesellschaft herauszustellen. Auch wir finden die Idee im ersten Augenblick attraktiv, da wir die Arbeit der Bürgerwissenschaftler*innen nicht verschlossen halten wollen, sondern sie sozusagen der Allgemeinheit zurückgeben wollen. Beim letzten Arbeitsworkshop hat Daniel Mietchen, leidenschaftlicher Wikipedianer und Entwickler der Plattform WikiData sich sehr für die Potenziale ausgesprochen, die darin liegen, wenn Wissen für alle zugänglich ist. Gleichzeitig müssen wir dabei die Datenhoheit der Dörfer und Leute vor Ort respektieren und Möglichkeiten schaffen, selbst zu entscheiden, was wie sichtbar und offen ist. Gibt es hier vielleicht auch ein wichtiges Arbeitsfeld für die Person, die wir bisher Dorfbotschafter genannt haben: die Daten zu verifizieren, mit dem Dorf abzustimmen, wie sichtbar sie sein sollen und auch in diesen Belangen ein lokaler Ansprechpartner für uns zu sein? An dieser Diskussion werden wir dranbleiben und damit in die nächste Entwicklungsphase starten.
Für uns war der Workshop ein wunderbares Beispiel dafür, was ko-kreative Entwicklung und bürgerwissenschaftliches Forschen bedeutet und dazu gehört auch das kritische Hinterfragen und gemeinsame weiterdenken. Danke an alle die dabei waren.